Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Ein Interview mit Hr. Müller-Thomas

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Potrait Christian Müller Thomas

Im Interview mit Hr. Christian Müller-Thomas haben wir die Frage erörtert, wie Familie und Gesundheit zusammenhängen.  In seiner Zuständigkeit als Gleichstellungsbeauftragter und Vertreter des Familienservis erläutert er uns, was die FAU zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beiträgt, und welche konkreten Angebote der Familienservice macht.

Herr Christian Müller-Thomas, beschreiben Sie unseren Leserinnen und Lesern doch bitte kurz Ihre Zuständigkeiten.

Genau, ich habe diese zwei Funktionen an der FAU.

Als Gleichstellungsbeauftragter bin ich für das nichtwissenschaftliche Personal zuständig. Die Aufgaben eines Gleichstellungsbeauftragten ist per Gesetzt ganz klar definiert. So fördere und überwache ich für den Bereich des nichtwissenschaftlichen Personals den Vollzug des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes (BayGlG) und stoße eigene Initiativen zur Verbesserung der Situation von Frauen sowie zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer an. Insbesondere die inhaltliche Nähe zu den Aufgaben des Familienservice und zum Büro für Gender und Diversity helfen mir dabei in meiner täglichen Arbeit als Gleichstellungsbeauftragter.

Zum Aufgabenbereich der Kolleginnen und Kollegen im Familienservice zählt alles, was zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw. Beruf dazugehört. Das beginnt bei den Beratungen zum Thema Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Studium bzw. Beruf. Die Zielgruppe sind nämlich nicht nur die Mitarbeitenden der FAU, sondern auch Studierende. In erster Linie wenden sich Universitätsangehörige mit Kind, mit Kinderwunsch oder mit Verpflichtungen bei der Angehörigenpflege an den Familienservice, um sich über organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen zu informieren. Darüber hinaus informieren sich die (werdenden) Eltern über kommunale und universitäre Betreuungsangebote. Denn die Bereitstellung struktureller Maßnahmen zur Verbesserung von Familie und Studium bzw. Beruf liegen ebenfalls im Zuständigkeitsbereich des Familienservice. Dazu zählen beispielsweise eine Notfallbetreuung, eine Ferienbetreuung, die Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen und vieles mehr. Abschließend ist der Familienservice an der Umsetzung vielfältiger Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung beteiligt. So erklärt sich auch meine Beteiligung am Arbeitskreis Gesundheitsmanagement der FAU. Innerhalb der Arbeitsgruppe liegt mein Fokus daher insbesondere auf einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw. Beruf.

Wie hängen – Ihrer Meinung nach – Familie und Gesundheit zusammen?

Der Arbeitgeber bzw. Dienstherr trägt entscheidend zu einer gelungenen Work-Life-Balance bei. Dies tut er unter anderem, indem er Angebote bereitstellt, die die individuelle Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Derartige Angebote können wiederum die Gesundheit der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters sowie deren Familien beeinflussen. Denn die diversen Lebensbereiche (Arbeit, Familie, etc.)  sind heutzutage immer schwerer trennbar. Vorkommnisse in der Familie werden unmittelbar mit in die Arbeit genommen und umgekehrt. Kommen negative oder positive Faktoren – wie die Arbeitsüberlastung einerseits oder Arbeitszeitflexibilität andererseits – hinzu, können diese zusätzlich die Mitarbeitenden be- oder entlasten. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf die Work-Life-Balance und damit auf die individuelle Gesundheit.

Exemplarisch möchte ich ein Beispiel hervorheben: Am stärksten wahrnehmbar ist die vorangestellte Wechselwirkung von Arbeit und Familie auf die Gesundheit immer dann, wenn Mitarbeitende sich im privaten Umfeld um zu pflegende Angehörige kümmern müssen. Dabei geraten die Mitarbeitenden lebensbiographisch häufiger in eine sogenannte Sandwichposition. Nicht nur die Zahlen des statistischen Bundesamtes, sondern auch unsere Beratungserfahrungen im Familienservice zeigen, dass das Durchschnittsalter für eine Familiengründung kontinuierlich steigt und das Durchschnittsalter von Akademikerinnen und Akademikern bei der Familiengründung über dem des Bevölkerungsdurchschnitts liegt. Dies hat die Auswirkung, dass die Mitarbeitenden der FAU neben der Kindererziehung immer häufiger zusätzlich Pflegeverantwortung übernehmen müssen. Das besondere an einer Universität ist zudem, dass der Wohnort der Mitarbeitenden häufig nicht identisch mit dem Herkunftsort (Wohnort der zu pflegenden Angehörigen) ist, wodurch die pflegenden Angehörigen in eine zusätzliche Zwangslage versetzt werden.

Diese beschriebenen Faktoren stellen eine Wechselwirkung von Familie und Beruf dar und haben somit großen Einfluss auf die psychische als auch die physische Gesundheit. Zusätzliche Arbeitsüberlastung oder die Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibilisierung würden somit die individuelle Situation und damit die persönliche Gesundheit der oder des Mitarbeitenden positiv oder negativ beeinflussen.

Welche Angebote macht der Familienservice, um belasteten Beschäftigten in der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie oder Pflege zu helfen?

Neben den bereits erwähnten strukturellen Maßnahmen zur Verbesserung von Familie und Studium bzw. Beruf wie beispielsweise eine Notfallbetreuung, eine Ferienbetreuung, die Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen und vieles mehr, bietet der  Familienservice Vortragsreihen zu Themen der Angehörigenpflege oder der Kinder- und Familienentwicklung an, die regelmäßig im Semester stattfinden. Themenschwerpunkte sind beispielsweise Krankheitsbilder wie Demenz oder Depression im Alter. Aber auch rechtliche Fragestellungen zur Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung werden besprochen. Das Interesse unter den Mitarbeitenden an solchen Themen begründet sich nicht nur darin, dass sie pflegebedürftige Angehörige haben. Derartige Vorträge sind auch für die Mitarbeitenden persönlich von hoher Bedeutung, da sie wissen möchten, wie sie sich persönlich absichern können, sollten sie selbst zum Pflegefall werden.

Aus diesen Teilnehmenden der Vortragsreihen entwickelte sich eine Selbsthilfegruppe, die schwerpunktmäßig den Umgang mit demenzerkrankten Angehörigen thematisiert. Die Mitarbeitenden baten den Familienservice um Unterstützung und äußerten den Wunsch ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Dadurch entstand eine Kooperation mit Frau Dr. Meinhard vom Hochschulpfarramt, die die Selbsthilfegruppe leitet.

Ebenso wollen wir eine Elternressourcengruppe anbieten, in der die Eltern in Kleingruppen mit Kolleginnen und Kollegen der Kinder- und Jugendpsychiatrie individuelle Probleme diskutieren können.

Sie sind selber Vater, kennen sich mit familiären Belastungen und Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus. Wie finden Sie selbst einen Umgang damit und schaffen es, Ihre eigene Gesundheit aufrecht zu erhalten?

Als mein Sohn zwei Jahre alt war, erhielt er die Diagnose zur Autoimmunkrankheit Diabetes Mellitus Typ 1. Damals war diese Nachricht eine große Herausforderung für uns als Familie. Ich arbeitete im Familienservice in Vollzeit und meine Frau leitete eine Steuerkanzlei. Als die Diagnose kam, standen wir vor der Frage: „Wie gehen wir damit um?“. Ich reduzierte meine Stelle im Familienservice und arbeitete zwischenzeitlich nur noch 20 Stunden in der Woche. Die Diabeteserkrankung meines Sohnes hat bis heute eine ganz starke Auswirkung auf mein Arbeitsleben. Vorgesetzte, Kolleginnen und Kollegen wissen ganz genau, dass ich stets auf Alarmbereitschaft bin. Sobald ich einen Notfallanruf erhalte (auch wenn dies glücklicherweise eher selten eintritt, so ist das in der Vergangenheit doch hin und wieder passiert) bleibt keine Zeit um zu zögern. „Stift und Papier“ werden sofort liegen gelassen und ich eile sofort zu meinem Sohn, denn die Therapie ist vordergründig.

Dieses Selbstverständnis meinerseits kommunizierte ich mit dem ersten Tag der Diagnose ganz offen und ehrlich und bisher erhielt ich universitätsweit ausschließlich positiven Zuspruch und viel Verständnis. Zudem behaupte ich von mir selbst, dass ich über eine gute Resilienz verfüge. Außerdem versuche ich sportliche Aktivitäten mit der Arbeitszeit zu kombinieren.  Beispielsweise nutze ich regelmäßig mittwochs die Mittagspause oder die Morgenstunden vor dem Dienstantritt um mich sportlich zu betätigen. Denn nach Dienstschluss komme ich nicht dazu, da dann Familienprogramm ansteht und mit den Kindern beispielsweise Hausaufgaben erledigt werden müssen.

Vielen Dank für das Interview. Weitere Informationen und Termine finden Sie unter www.familienservice.fau.de.